Traillaufen ist im Kommen. Also war es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Gegend um Österreichs größten Berg zu einer Laufstrecke wird. Und zu was für einer! Wer schon mal im Nationalpark Hohe Tauern unterwegs war, kann sich vorstellen, wie hoch das Läuferherz dort schlägt. Und auch wie schnell, wenn man das Streckenprofil beachtet. Am 25. Juli 2015 kam es zu dieser Veranstaltungspremiere.
Faszination Traillaufen
Abwechselndes Gelände, kein Schritt wie der andere, fast völlig unabhängig von Versorgungsstellen, und in Gegenden unterwegs, die man höchstens als ambitionierter Wanderer zu Gesicht bekommt – das sind unter anderem die Gründe, warum immer mehr Asphaltläufer die Schuhe wechseln. Damit man sowohl im Schotter, auf Wiesen, im Geröll, am Felsen, im Schnee, im Wald, und wenn es sein muss auch auf der Straße laufen kann.
Statt Musik am Straßenrand gibt es Glockengebimmel von Kühen und manchmal das Pfeifen von Murmeltieren. Statt vielen Labstationen gibt es Bäche und Quellen, wo man seinen Trinkrucksack auffüllt. Statt Publikumsapplaus gibt es: nichts. Dafür phasenweise das Gefühl, völlig mit der Umgebung zu verschmelzen.
Daten, Zahlen, Fakten
Trotz dieser emotionalen Komponenten geht es bei Trails durchaus um Zahlen. Denn neben der Distanz kommt es hier vor allem auf die Höhenmeter an, die man bewältigen muss. Wie viel Höhenmeter im Anstieg? Wann kommt dieser Aufstieg? Innerhalb welcher Distanz muss man wie viel Höhenmeter schaffen? Über solche Dinge sollte man Bescheid wissen, um sich seine Kraft einzuteilen.
Von Kals nach Kaprun
Beim Glockner Trail habe ich mich für die kurze Distanz angemeldet. Diese bestand aus 50 Km, 2594 Meter im Anstieg und ca. 3200 Meter im Abstieg. Für ganz ambitionierte Trailläufer gab es auch die sogenannte Ultradistanz mit mehr als den doppelten Werten. Für mich definitiv noch eine Nummer zu groß.
Nach dem wir um 04.15 Uhr aufgestanden, mit dem Auto nach Kaprun gefahren und von dort mit dem Bus nach Kals in Osttirol gefahren sind, startete ich gemeinsam mit rund 250 Läufern aus rund 20 Nationen um Punkt 08.30 Uhr. Bei Regen, aber mit dem Gefühl, dieser Aufgabe gewachsen zu sein.
Das erste Etappenziel war die Rudolfshütte. Das war die erste Verpflegungsstelle und 20 Kilometer sowie 1000 Höhenmeter vom Start entfernt. Nach knapp 3 Stunden war ich dort und ein paar Minuten später wieder im Gelände. Von der Landschaft habe ich leider nicht viel mitbekommen. Zu sehr musste ich mich auf den Weg konzentrieren. Am Großglockner vorbei, entlang eines Sees, über eine lange Staumauer, zwischen Kühen hindurch, über reißende Bäche, umgeben von 3000er und immer weiter hinauf und hinauf – so kann ich in einem Satz den Streckenverlauf beschreiben.
Höher, weiter,….hinunter
Als schwierigstes Stück galt die Schmiedinger Scharte. Nach rund 35 Kilometer begann der Aufstieg von ca. 2100 Meter auf 2715 Meter. Innerhalb von 2 Kilometer! Nochmal alle Kraftreserven mobilisieren, das letzte Powergel aufreißen und runterwürgen, den Trinkrucksack leersaugen und noch einmal den Kopf möglichst ausschalten und einfach gehen. Gehen und gehen.
Oben von sehr freundlichen Bergrettern in Empfang genommen und beglückwünscht worden, dieses letzte schwierige Stück geschafft zu haben. Ein paar Freudentränen haben dann auch einen Aufstieg gemacht.
Ab jetzt nur noch bergab. Nach ein paar hundert Meter das Alpincenter Kitzsteinhorn erreicht. Unterwegs einen kurzen Blick ins Tal nach Kaprun erhascht und dabei eine Gänsehaut bekommen. Heute Früh war ich in Kals. Jetzt schau ich auf Kaprun runter….wow
Im Alpincenter nochmal mit Getränken gestärkt und dann die Schlussetappe in Angriff genommen: fast 15 Km bergab. Bergablaufen liegt mir gar nicht. Durch den einsetzenden Regen war ich sogar langsamer als auf geraden Strecken. 2000 Höhenmeter waren abzusteigen und inzwischen haben manche Körperteile schon ziemlich protestiert.
Endlich unten angekommen und wieder einmal ganz normal auf einer Straße gelaufen. Wie angenehm doch plötzlich so ein Asphalt sein kann. Nach ein paar Kilometer das Ortschild Kaprun erreicht. Und nach weiteren zwei Kilometern das Zentrum. Und dann: das Ziel!
Nach 09 Stunden und 24 Minuten konnte ich diesen Lauf beenden. Davon verbrachte ich nur 13 Minuten auf geraden Strecken. Und nur 1 Sekunde auf der Ziellinie. Eine Sekunde für immer.

Start um 08.30 Uhr in Kals (Osttirol)

Zieleinlauf um 17.54 Uhr in Kaprun.
Weitere Fotos von der gesamten Veranstaltung gibt es in der Facebookgruppe des Veranstalters.
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