Zum zweiten Mal wollte ich auf den höchsten Punkt Österreichs. Wieder in einer Seilschaft mit dem sehr lässigen Bergführer Stefan Obereigner aus OÖ.
In unsere Seilschaft hängten sich auch meine Freundin Agnieszka und meine Freunde Alex und Michi aus Wels ein. Treffpunkt mit dem Bergführer war am frühen Nachmittag in der Stüdlhütte auf 2801 Meter. Am selben Tag fuhren wir also bald in der Früh in Wels weg, um es rechtzeitig mit dem Auto nach Kals zu schaffen. Bereits die Anfahrt durch diese schöne Gegend machte Lust auf unsere geplante Tour – wenn auch mit der Höhe der umliegenden Berge auch unser Respekt immer größer wurde.
In Kals fährt man mit dem Auto bis zum Lucknerhaus auf 1920 Meter. Dort war dann endlich Schluss mit Autofahren und Sitzen. Die Arme, Beine und das Gesicht gut eingecremt, den Rucksack umgeschnallt und die Wanderschuhe geschnürt – so marschierten wir los Richtung Stüdlhütte. Die rund 900 Höhenmeter führen über ein leichtes Gelände und anstatt sich schon zu verausgaben, ist man gut beraten, die Landschaft zu genießen. Unterwegs sollte man die Kamera gar nicht ganz wegpacken. Man braucht sie sowieso immer wieder mal. Nicht nur wegen der Landschaft, auch wegen den Murmeltieren, die sich manchmal durch ihr lautes Pfeifen bemerkbar machen und nah am Weg auf den Hinterfüßen stehen und die vorbeiziehenden Bergsteiger zum Anhalten und Schmunzeln bringen.
Stefan verabschiedet gerade seine letzte Gruppe, die er bereits heute erfolgreich auf den Gipfel und dann runter zur Stüdlhütte brachte. Dort standen nun also wir. Seine nächste Partie. Nach einer Kleinigkeit zum Essen gingen wir los Richtung Erzherzog Johann Hütte - auch bekannt als Adlersruhe – auf 3454 Meter. Das war das Ziel für den heutigen Tag. Dieser Anstieg ist schon etwas anspruchsvoller und führt über Gletscher und Felsen. Die Steigeisen mussten bereits das eine oder andere Mal angelegt werden. Nach rund 3,5 h erreichen wir erleichtert unser Etappenziel und lassen uns auf den Bänken auf der Adlersruhe gemütlich fallen. Der Gipfelaufstieg würde sich heute sogar noch zeitlich ausgehen, beschließen aber, lieber morgen bald in der Früh aufzubrechen. Auch in der Hoffnung, morgen eine bessere Sicht zu haben, die heute ja nicht besonders gut war.
Abends im Bettlager merkten wir auch die Höhe schon ein bisschen. Stiegen rauf und runter gehen, oder die Leiter ins Stockbett hochsteigen – das alles kostete schon ein wenig mehr Kraft als sonst, und die Atmung beruhigte sich auch nicht gleich wieder. Typische Merkmale bei dünner werdender Luft.
In diesem Bettlager waren ca. 20 Leute. Jeder hatte in etwa dasselbe Ziel: Um 04 Uhr morgens aufstehen und möglichst bald losgehen. Schlafen konnte ich kaum und war lange vor 04 Uhr schon wach und wartete auf den Wecker. Als dieser läutetet und alle 20 Leute aufsprangen wie ein Toast aus dem Toaster wurde mir klar, dass ich wohl nicht der Einzige war, der nicht schlafen konnte.
Zwanzig Minuten später standen wir schon in unseren Steigeisen im Schnee und machten aus auf den Weg. Die Sicht war durch den Nebel gleich Null und die Stirnlampen waren mehr als sinnvoll. Nach ca. einer Stunde Aufstieg im Schnee erreichten wir die Felsen. Dort deponierten wir die Steigeisen und Stöcke, denn ab da wurde es zum Klettern. Der Großglockner ist technisch nicht zu unterschätzen! Hohe glatte Felsen und ausgesetzte Stellen erfordern vollste Konzentration. Durch die schlechte Sicht war meistens unklar, wie weit der Gipfel noch weg ist. Erst kurz vorher sahen wir ihn und waren heilfroh, als wir gegen 07 Uhr morgens beim Gipfelkreuz auf 3798 Meter standen.
Nach einigen Fotos folgte der sehr konzentrierte Abstieg, den wir gleich bis zur Stüdlhütte durchzogen, dort eine kurze Pause einlegten und Stefan verabschiedeten. Weiter ging es dann abwärts bis zum Lucknerhaus. Inzwischen war es auch wieder sonnig und immer wieder mussten wir uns umdrehen, um zu unserer heutigen Errungenschaft hinaufzublicken.
Mit einem tollen Gefühl machten wir uns auf den Rückweg und hatten durch unsere Eindrücke ausreichend Gesprächsstoff im Auto. Und auch schon die nächsten Pläne …